Zu Besuch in der Ausstellung Comics! Mangas! Graphic Novels!

Mai 22, 2017 von Sarah Heuser - Keine Kommentare

Letztes Wochenende war ich mit zwei Freunden in der Bundeskunsthalle, um mir dort die neue Ausstellung Comics! Mangas! Graphic Novels! anzusehen. Mit rund 300 Exponaten aus Amerika, Europa und Japan ist dies in Deutschland die bisher umfangreichste Ausstellung zur Geschichte des Comics.

 

Die Bundeskunsthalle in Bonn

In den letzten zwanzig Jahren wurde die japanische Comic-Kultur immer populärer in Deutschland und durch die vielen amerikanischen Superhelden-Filme, die jedes Jahr in unseren Kinos laufen, ist der Comic mittlerwile auch bei uns im Mainstream angekommen. Immer wieder gibt es in der Bundeskunsthalle in Bonn Ausstellungen zu Themen der Pop-Kultur oder anderen Kunstbereichen, die sonst in der Welt der Museen weniger Beachtung finden. Vor einigen Jahren gab es zum Beispiel bereits eine Ausstellung, die sich Animationsfilmen widmete und 2015 konnte man sich Originalentwürfe des Modedesigners Karl Lagerfeld ansehen. Nun wird also auch die Geschichte des Comics mit einer eigenen Ausstellung bedacht.

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Unser Ausstellungsbesuch

Ich besuche die Ausstellung mit meinem Freund, der sich selbst seit vielen Jahren für Mangas und Animes interessiert und einer comicbegeisterten Freundin, die besonders gern die amerikanischen Superheldengeschichten liest. Uns ist die Welt der Comics also nicht ganz fremd, trotzdem werden wir hier noch viele neue Entdeckungen machen und einiges dazulernen.

Die Ausstellung Comics! Mangas! Graphic Novels! befindet sich im ersten Stock der Bundeskunsthalle und ist in insgesamt sechs Bereiche eingeteilt, die sich farblich voneinander abgrenzen und die man nacheinander durchläuft. Durch die Einteilung in verschiedene Schwerpunkte wird die Geschichte des Comics nicht nur thematisch gegliedert, sondern auch chronologisch erzählt.

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Der Rundgang

Wir beginnen im ersten Teil der Ausstellung, der sich mit Comic Strips beschäftigt. Diese erschienen seit Ende des 19. Jahrhunderts in den amerikanischen Tageszeitungen. Während die kurzen Bildergeschichten am Anfang noch ganze Seiten füllten und in einer Welt ohne Fernsehen und Internet eine Sensation darstellten, verloren sie mit der Zeit immer mehr an Bedeutung. Schließlich mussten sie ganz Platz machen und wurden durch gewinnbringende Werbeanzeigen ersetzt. Hier gibt es neben vielen Original-Zeichnungen aus dem 20. Jahrhundert auch ein paar Stationen, an denen man mit Virtual Reality Brillen in die Welten der alten Comic-Strips eintauchen kann.

Der zweite Raum der Ausstellung widmet sich den Comic-Heften aus Amerika, die Ende der 1930er-Jahre zunächst die Comic-Strips aus den Zeitungen zusammenfassten. Kurze Zeit später folgten mit Superman und anderen Superhelden aber ganz neue Geschichten, die auch eine andere, jüngere Zielgruppe ansprachen. Neben den Superhelden-Geschichten wird hier auch auf die Genres Romantik, Crime und Horror eingegangen. Auch Wald Disney und das MAD-Magazin finden mit ein paar Exponaten Erwähnung.

Der dritte Teil der Ausstellung beschäftigt sich mit der Entwicklung des Comics in Europa. Natürlich wird hier besonders den Comics aus dem französischen Sprachraum Beachtung geschenkt, aber auch ein paar Beispiele aus anderen Ländern sind hier zu sehen.

Im vierten Raum gibt es eine kleine Einführung in die Welt der japanischen Mangas, die Anfang des 20. Jahrhunderts ebenfalls mit kurzen „Strips“ in den Zeitungen auftauchten und ab den 1930er-Jahren schließlich mit längeren Geschichten in Magazin- und Buchform erschienen. Während sich der Manga zunächst hauptsächlich an Kinder wandte, begannen in den 1950er-Jahren junge Zeichner damit, auch Geschichten für Erwachsene zu entwickeln. Mittlerweile gibt es so viele Manga-Genres und -Stile, das für jede Zielgruppe etwas dabei ist.

Der fünfte Teil der Ausstellung widmet sich den Comics aus der Underground- und Independent-Szene. Durch den 1954 in den USA in Kraft getretenen Comics Code fielen Darstellungen von Gewalt, Sexualität und Drogenkonsum der Zensur zum Opfer. Die Underground-Comic-Szene versuchte dieser Zensur aus dem Weg zu gehen, indem Zeichner ihre Werke privat druckten und vertrieben. Daraus entwickelten sich bald auch ganz neue Ausdrucks- und Erzählformen, zum Beispiel Comics allein von Frauen für Frauen oder autobiografische Geschichten.

Im sechsten und letzten Teil der Ausstellung geht es dann schließlich um die Graphic Novels. In Paris wurde der Comic 1971 zur »neunten Kunst« erklärt, gleichzeitig entwickelte sich in den USA der Begriff „Graphic Novel“. Mit neuen grafischen sowie erzählerischen Ansätzen entdeckte sich der Comic als Form der Literatur.

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Unser Fazit

Besonders die Virtual Reality Brillen am Anfang der Ausstellung gefallen uns gut. Vielleicht haben sich die neuartigen, bunten Comic-Zeichungen für die Leser der Zeitungen des 19. Jahrhunderts ähnlich spektakulär angefühlt, wie für uns heute die VR-Technik. Außerdem finden wir es auch toll, viele Arbeiten berühmter Zeichner einmal im Original zu sehen und andere, unbekanntere Werke ganz neu zu entdecken. Wer sich nicht gut mit der Geschichte dieser Kunstform auskennt, kann hier viel Neues lernen: Die Wandtexte und Bild-Informationen sind sehr interessant und geben einen guten Überblick über die Entwicklung des Comics vom 19. Jahrhundert bis heute. Neben den Exponaten liegen in jedem Raum der Ausstellung zusätzlich auch noch thematisch passende Comics, die man sich in Ruhe ansehen kann, sofern man genügend Zeit mitbringt. Einen Großteil dieser Bücher und viele Merchandise-Artikel kann man am Ende der Ausstellung auch im Museums-Shop kaufen. Für Kinder ist die Ausstellung unserer Einschätzung nach größtenteils eher langweilig, da die meisten Exponate in Originalsprache (also englisch, französisch und japanisch) sind und sich auch von den Bildern her größtenteils an ein älteres Publikum richten. Es gibt einen ganz kleinen Bereich im Raum „Underground und Independent“, der nur für Erwachsene gedacht ist, dieser ist aber gut abgeschirmt.

Wissenswertes

Die Ausstellung Comics! Mangas! Graphic Novels! Ist noch bis zum 10. September 2017 in der Bundeskunsthalle in Bonn zu sehen. Für Besucher von außerhalb Bonns ist die Museumsmeile gut vom Hauptbahnhof aus mit der U-Bahn zu erreichen. Der Eintritt für die Ausstellung beträgt 10 Euro (Ermäßigt 6,50 Euro).


 

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Sarah Larissa Heuser lebt seit 2014 in Bonn und genießt es, ihren Wohnort zu erkunden. Sie hat Design studiert und arbeitet seit 2009 als freiberufliche Fotografin. Hauptsächlich beschäftigt sie sich mit Event- und Portraitfotografie. Vor ihrem Umzug nach Bonn hat sie in Berlin außerdem als Bildredakteurin gearbeitet und sich viel mit Themen aus der Gastronomie und Kulturszene beschäftigt. Sarah liebt traurige Filme, laute Konzerte und gutes Essen. Auf ihrer Internetseite www.tonlosekunst.de kann man sich ihre Arbeiten ansehen.